Balance ist alles – ein Rückblick auf das wasserFEST 2016

Ein Rückblick von Lena Raubaum

Vom 10. August bis 14. August 2016 ging am Tiroler Berglsteinersee bereits zum 3. Mal das wasserFEST über die Bühne. Obwohl ... über die Bühne? Ja, auch, aber vor allem ging dieses Festival über Wasser, über Wiesen, über Waldpfade. Und das auf äußerst ausbalancierte Weise.

„Maaammiii! Kohomm, ich bin schon am Matschi-Gatschi-Weg!!“, schreit das blond gelockte Mädchen mit roter Jacke und grünen Gummistiefeln vor mir und dreht sich nach seiner Mutter um. Matschi-Gatschi-Weg. Ganz genau. Keine andere Bezeichnung verdient dieser Pfad, kleines Fräulein. Schließlich hat er in den letzten Tagen dieses Augusts immer wieder eine satte Portion Regen abbekommen. Obwohl: er könnte wohl noch mehr im Schlamm-assel stecken, wenn da nicht hoch oben in den Bäumen, an Schnüren befestigt, ein paar alte Regenschirme als kleine, bunte Schutzdächer wiederverwertet würden.

Ich betrachte diesen kreativen Kniff (wie es vielerlei hier gibt), lächele und blicke über meinen Poncho zu meinen lilageblümten Gummistiefeln hinunter, während ich mich flüstern höre: „Ich bin so froh dass ich euch habe“. Mit ihnen stapfte ich weiter, vorbei am Zirkuszelt „Villa Kunterbunt!, dem Anmeldezelt, dem Food-Zelt, einer Jurte, ein paar Tipis, weiter auf einem Waldpfad am Slackline-überspanntem See vorbei bis zum Gasthof, um bei der Morgenyogastunde mitzumachen. Hier ist es warm, trocken, eindeutig wasserfest und nur durch das derzeitige Wetter draußen gleich noch viel wohliger. Wie bewusst doch das eine durch das andere wird...

Gleichgewicht lieben, Gleichgewicht leben

Ursprünglich war das wasserFEST am Berglsteinersee ein Event für Slackliner, die sich hier in der Nähe von Kramsach einfanden, um auf 16 Lines übers Wasser zu balancieren. Mittlerweile handelt es sich hier um ein Festival, an dem Besucher/innen – inmitten eines Naturschutzgebiets mit magischem Touch – auch abseits der wackligen Gurtbänder ihrem Gleichgewicht widmen können. „Das Slacklinen ist nur EIN Programmpunkt von vielen der zeigt, was uns vor allem wichtig ist: die Balance.“, verrät Christian Waldner –  professioneller Slackliner und Festivalorganisator –mit einer herrlichen Prise Tirolerisch. Er und seine Frau Dany Jones haben mit viel Einsatz, Überzeugung, Kraft, Hingabe, liebevoller Professionalität und einer großen Portion Lösungsorientiertheit dieses Event auf die Beine gestellt – unterstützt von Familie und vielen Helferleins. „Es gibt so viele Wege, das Leben als gesund, nachhaltig, kreativ, spirituell, miteinander und naturverbunden zu erfahren und sich selbst als ausgeglichen zu empfinden. Am wasserFEST möchten wir einige dieser Wege bieten und zugänglich machen um zu zeigen: hey, so viele Möglichkeiten gibt es, sich wohlzufühlen – im Einklang mit Natur und Mitmenschen.“, erzählt Dany Jones, während ihr Zylinder, den sie das ganze Festival über am Kopf balanciert, zustimmend nicken zu scheint.

Ganz im Sinne der Vielfalt bot das „Programm voller Möglichkeiten“ heuer neben Yoga und Slacklinen auch Wildkräuter- und Vogelwanderungen, Kletterausflüge, Morgen- und Abendmeditationen, Massageeinheiten, vegane Kochkurse, Aroma-, Tanz-, Atem- und Klangschalentherapie, Bogenschießen, Kakaoschalenzeremonien, schamanische Rituale, Upcycling- und Schmuckworkshops sowie Vorträge in Autarkem Leben, Saatgutgewinnung oder Ernährungsphilosophien.

Dazwischen schmiegten sich Musik-Sessions am Lagerfeuer, der wasserFEST Marktplatz, ein Kinderprogramm (an dem auch wohl so einige Erwachsene gerne teilgenommen hätten), Live acts wie ein Konzert mit „Sarah Lesch & Bender“.

Kulinarisch wird beim wasserFEST ebenfalls für Balance gesorgt. Zum einen, weil das Team der "Balanced Kitchen“ unter der Leitung von Köchin Martina Wastl „100 % Lebensmittel, 100 % bio, 100 % vegan und – wo es geht – 100 % regional“ auftischte. Zum weil schon besagter Gasthof am See den Fans von Kaffee oder Tiroler Hausmannskost eine gute Auswahl bietet und heuer sogar extra für das Festival seine Karte um vegan/vegetarische Optionen erweiterte.

Sonnige Begegnungen

Als hätte der Himmel die Philosophie des wasserFESTs vernommen: am vorletzten Festivaltag kommt doch glatt die Sonne raus.

Sie trocknet nicht nur Zeltdächer und den berühmten Matschi-Gatschi-Weg; vor allem sorgt sie dafür, dass sich die kleine Uferwiese mit Klein und Groß, Jung und Alt, Acro Yogis und Hula Hoop Tänzer/innen, Jonglierenden und Badenixen füllt, während sich hochmotivierte Seiltänzer/innen auf ihre geliebten Slacklines begeben.

Gekonnt schreiten sie in hoher Konzentration über die dünnsten Wege der Welt und manchmal trägt ein „Platsch“ die Botschaft über den See, das wohl die eine oder andere gerade ins Wasser geplumpst ist.

Übrigens egal von welcher Seite sich das Wetter zeigt: immer sonnig sind am wasserFEST die Begegnungen, die menschlichen Zusammentreffer.

Durch die Mischung an Programmpunkten, sind auch die Teilnehmer/innen von verschiedenen „Szenen“ und Herkunftsländer. Inmitten dieser durchaus interdisziplinären und internationalen Community kommt man beim für-den-Kuchen-Anstellen in ein philosophisches Gespräch, gibt man einander beim Zähneputzen Ratschläge fürs Leben und führt wertvolle statt bewertvolle Unterhaltungen – wie bei so vielen Festivals, die unter dem Stern eines besseren Miteinander stehen.

Fazit


Der langen Rede kurzer Sinn: wer Balance liebt, fährt zum wasserFEST hin ;)

Über die Autorin

Lena Raubaum ist Chefredakteurin der yoga.ZEIT sowie ausgebildete Schauspielerin, Sprecherin, Yogalehrerin für Kinder und Erwachsene, Trainerin, Nuad Praktikerin und freischaffende Autorin.

Der Text ist auf www.yogazeit.at erschienen.